Kultur als blinder Fleck

Viele Transformationsprojekte konzentrieren sich stark auf Technologie und Prozesse. Die Kultur wird oft nachrangig behandelt – mit fatalen Folgen. Studien belegen immer wieder, dass viele Transformationsinitiativen scheitern, weil Menschen nicht mitgenommen werden oder Führungskräfte kulturelle Widerstände unterschätzen.

Warum Vertrauen der entscheidende Hebel ist

Vertrauen bedeutet, dass Mitarbeitende offen kommunizieren, Verantwortung übernehmen und Risiken eingehen können, ohne Sanktionen zu fürchten. In digitalen Transformationsprojekten ist genau das notwendig: neue Arbeitsweisen ausprobieren, Fehler akzeptieren und schnell lernen. Gartner betont, dass Unternehmen mit hoher Vertrauenskultur eine um bis zu 50 % höhere Wahrscheinlichkeit haben, digitale Initiativen erfolgreich umzusetzen.

Kultur und Kennzahlen verknüpfen

Der zentrale Schritt ist, Kultur nicht isoliert zu betrachten, sondern in Verbindung mit Geschäftskennzahlen. Beispiele:

  • Time-to-Market: Wie schnell gelingt es, neue Produkte einzuführen? Vertrauen reduziert Abstimmungsschleifen und beschleunigt Entscheidungen.
  • Kundenbindung: Engagierte Mitarbeitende schaffen bessere Kundenerlebnisse.
  • Betriebskosten: Misstrauenskultur erzeugt Kontrollschleifen und Bürokratie – Vertrauen dagegen reduziert Reibungsverluste.

Durch diese Verknüpfung wird sichtbar, dass Kulturarbeit nicht „nice to have“, sondern ein betriebswirtschaftlicher Faktor ist.

Methodisches Vorgehen

  1. Analyse: Kombination aus Mitarbeiterbefragungen, Interviews und Prozesskennzahlen.
  2. Identifikation von Hotspots: Wo blockiert mangelndes Vertrauen Abläufe? Wo zeigen sich Stärken?
  3. Gemeinsame Priorisierung: Führungskräfte und Mitarbeitende wählen Initiativen mit größtem Hebel.
  4. Maßnahmenplan: Konkrete Schritte, Verantwortlichkeiten und Zielgrößen.
  5. Review: Regelmäßige Überprüfung, ob Maßnahmen Wirkung entfalten.

Beispiel aus der Praxis

Ein Energieversorger stellte in Interviews fest, dass Mitarbeitende aus Angst vor Fehlern Innovationen nicht offen diskutierten. Gleichzeitig zeigten Kennzahlen, dass neue Services deutlich langsamer am Markt waren als bei Wettbewerbern. Durch die Einführung offener Innovationsformate („Failure Talks“ und agile Pilotprojekte) stieg nicht nur die Mitarbeiterzufriedenheit, sondern auch die Time-to-Market verkürzte sich um 25 %.

Nutzen für Unternehmen

  • Sichtbarer Zusammenhang zwischen Kultur und Geschäftserfolg
  • Priorisierung der wirksamsten Initiativen
  • Nachhaltige Verankerung durch Messbarkeit
  • Gesteigerte Innovationskraft und Bindung

Kritische Perspektiven

Natürlich birgt die Arbeit an Kultur auch Risiken:

  • Messbarkeit: Nicht alle kulturellen Faktoren lassen sich in harte Kennzahlen übersetzen.
  • Zeitfaktor: Kulturinitiativen entfalten ihre Wirkung oft erst nach Monaten oder Jahren.
  • Akzeptanz: Führungskräfte sehen Kulturthemen mitunter als „weich“ und priorisieren sie nicht.

Hier hilft es, kleine Pilotmaßnahmen zu starten, deren Effekte sich schnell zeigen – ein Ansatz, der auch von der OECD für Transformationsprozesse empfohlen wird.

 

Fazit
Kultur entscheidet über die Geschwindigkeit und den Erfolg der digitalen Transformation. Vertrauen, Zusammenarbeit und Engagement sind keine „weichen“ Themen, sondern zentrale Erfolgsfaktoren. Wer Kultur messbar macht und mit Geschäftskennzahlen verbindet, gewinnt Klarheit über die wirksamsten Initiativen und verschafft sich einen handfesten Wettbewerbsvorteil.

 


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